| |
Der Auszug stammt aus dem empfehlenswerten Buch von Friese, K.H. (HNO Arzt),
Homöopathie in der HNO-Heilkunde, Hippokratesverlag Stuttgart
Sinusitis S. 63 ff
Es ist hier zu unterscheiden zwischen Entzündungen der vier verschiedenen Nebenhöhlen
(Sinus maxillares = Kieferhöhlen, Sinus frontales = Stirnhöhlen, Sinus sphenoidales =
Keilbeinhöhlen und Sinus ethmoidalis = Siebbeinzellen) .
Eine Nasennebenhöhlenentzündung kann die verschiedensten Kopfschmerzsymptome zur Folge
haben; insbesondere Oberkieferschmerzen beidseits, die sich beim Bücken verschlechtern,
diffuser Druck im Stirnbereich, Schläfenkopfschmerzen, neuralgiforme Schmerzen usw.. Die
Schmerzsymptomatik hängt meistens davon ab, welche Region des Nebenhöhlengebiets mehr
oder weniger befallen ist. Bei einer Sinusitis, werden meiner/Ansicht nach in der
HNO-Heilkunde die meisten Fehler gemacht. So ist im allgemeinen nicht der Zusammenhang
zwischen der Darmflora und dem Nasennebenhöhlensystem bekannt. Bei einer normalen
Darmflora gibt es praktisch keine Nasennebenhöhlenentzündung. Den Zusammenhang kennen
die Chinesen schon mehrere tausend Jahre, er läßt sich aus den Akupunkturregeln leicht
ableiten. Anamnestisch geben Patienten mit Nebenhöhlenerkrankungen praktisch immer auch
Darmbeschwerden an. Auffallenderweise benötigt man für die Behandlung von
Nasennebenhöhlenentzündungen und Darmerkrankungen wie Colitis ulcerosa und Morbus Crohn
fast dieselben homöopathischen Arzneien. Gibt man bei einer akuten eitrigen
Kieferhöhlenentzündung Antibiotika, werden nicht nur die Keime in der Kieferhöhle
(vielleicht) abgetötet, sondern auch die physiologische Darmflora. Durch die iatrogene
Darmerkrankung wird die akute Sinusitis chronisch, das zweite und dritte Antibiotikum
wirkt auch nicht mehr, die Kieferhöhlen werden operativ »saniert«, womit der Patient
dann meistens seine Beschwerden für immer behält. Mit abschwellenden Nasentropfen wird
die Nasenschleimhaut ausgetrocknet, so daß die Nasenluftpassage weiter eingeschränkt
wird und die natürlichen Ostien verlegt werden.
Außerdem haben dadurch die Bakterien wesentlich bessere Möglichkeiten, in noch nicht
befallene Regionen vorzudringen. Mit Schmerzmitteln und fiebersenkenden Mitteln wird das
Fieber unterdrückt, so daß ein natürlicher Abwehrmechanismus des Körpers außer
Funktion gesetzt wird.
Mit der Kieferhöhlenspülung werden zusätzliche Keime in die Kieferhöhlen eingebracht.
Krankheitssymptome sollten nicht unterdrückt werden, vielmehr muß regulierend in den
Krankheitsverlauf eingegriffen werden. Bei Schnupfen und Sinusitis sollte in jedem Fall
auf abschwellende Nasentropfen, Schmerzmittel, fiebersenkende Mittel und Antibiotika
verzichtet werden (vgl. Behandlungstabelle, Seite 1 ob f.).
Akute Sinusitis maxillaris, Empyem Es handelt sich um eine Krankheit, die in einer
HNO-Praxis sehr häufig vorkommt, vor allem in den Wintermonaten.
Früher führte ich selbst auch Kieferhöhlenspülungen durch, seit ich aber nach dem
folgenden Schema behandle, hatte ich keinen Fall mehr, bei dem eine Spülung nötig war.
Zunächst gebe ich einmalig Aconit D30 (3 x 5 globuli im Abstand von 2 Std.),
anschließend Cinnabaris D3 (3 xl Tb1.tgl.) oder bei Versagen Kalium bichromicum D4 (3 x 1
Tb1.tgl.). Zusätzlich verordne ich als Begleitmedikation Sinupret® und lasse mit Kamille
und Emser Salz inhalieren. Zu Beginn ist außerdem eine Eigenblutspritze günstig. Hierbei
entnehme ich 1 ml Venenblut, vermische es mit etwas Natriumcitrat und 1 ml Procain und
injiziere die Mischung intramuskulär. In schweren Fällen sollte wegen der
Darmbeteiligung Zucker, Weißbrot und Schweinefleisch verboten werden. Bei sehr starken
Schmerzen kann zusätzlich Procain in die Fossa canina (Grube vor der Kieferhöhle)
injiziert werden.
Das Schema ist insgesamt relativ einfach und hilft bei über 90 % der akuten
Kieferhöhlenentzündungen. Bei Versagen muß auch an andere homöopathische Mittel
gedacht werden, insbesondere kommen Arsenicum album, Natrium muriaticum, Sulfur,
Lycopodium, Lachesis oder Pulsatilla in Betracht.
Akute Sinusitis frontalis, Empyem Eine eitrige Sinusitis frontalis ist wesentlich
gefährlicher als eine eitrige Kieferhöhlenentzündung. Gefürchtet ist der Durchbruch
der relativ dünnen Stirnhöhlenhinterwand mit folgendem Hirnabszeß. Glücklicherweise
habe ich noch niemals in der Praxis einen derartigen Krankheitsverlauf gesehen.
Tritt ein ausgeprägtes Oberlidödem auf, muß der Patient streng kontrolliert werden. Bei
einer Sinusitis frontalis treten fast regelmäßig sehr starke Stirnkopfschmerzen auf. .
In diesem Fall ge1J"e ich als erstes Mittel einmalig Natrium muriaticum D200.
Ansonsten wird mit hohen Einlagen und Muckschen Saugungen behandelt, dabei wird der Eiter
durch die Nase von der Stirnhöhle abgesaugt. Außerdem erhalten die Patienten wie bei
einer eitrigen Kieferhöhlenentzündung Cinnabaris D3 und Sinupret®, Inhalationen und
Rotlichtbestrahlungen und eine Eigenblutspritze. Bei extremen Kopfschmerzen injiziere ich
"noch zusätzlich Novocain® in den Schmerzpunkt.
Sinusitis maxillaris chronica Eine chronische Kieferhöhlenentzündung ist durch einen
lang andauernden Verlauf gekennzeichnet, es treten immer wieder Episoden von akuten
Kieferhöhlenentzündungen auf, häufig bestehen Kopfschmerzen im Oberkiefer oder
Stirnbereich und chronische Schnupfenbeschwerden. Oft steht eine Allergie oder eine
Quecksilberintoxikation hinter derartigen Beschwerden, dies muß natürlich abgeklärt
werden. Selbstverständlich muß auch an einen Fremdkörper in der Kieferhöhle gedacht
werden oder auch an ein Karzinom. Tumore in diesem Bereich sind allerdings
glücklicherweise relativ selten.
Bei chronischer Sinusitis maxillaris hat sich eine Mischung (Kalium bichromicum D12,
Sulfur jodatum D6, Allium cepa D4 Luffa D12) sehr bewährt. Es werden 3 x 5 Tropfen tgI.
eingenommen, etwa 1 bis 2 Monate lang. Ansonsten gebe ich als Resorptions- und
Eiterungsmittel Sulfur jodatum D12. Bei einseitiger chronischer Sinusitis mit übel
riechender Sekretion wird Hepar sulfuris D6 (3 x 1 Tb1.tgI.) verordnet.
Als chronisches Eiterungsmittel kommt Silicea D6 (3 x 1 TbI. tgI.) in Frage. Silicea ist
auch das Mittel der Wahl bei gleichzeitig bestehenden Schwindelbeschwerden, beim so
genannten sinugenen Schwindel (vgl. Seite 61). Bei entsprechenden Modalitäten
(Platzangst, Hochhausangst und häufige Magenschmerzen) ist Argentum nitricum D12 (2 xl
TbI. tgI.) das Heilmittel. Bei jeder Sinusitis muß nach einer Darmerkrankung gefragt
werden. Die meisten Patienten geben dabei Probleme mit der Verdauung an. Häufig steckt
eine Allergie hinter der chronischen Sinusitis, insbesondere eine Nahrungsmittelallergie.
In diesen Fällen ist immer sehr individuell zu behandeln. Karenzmaßnahmen sind oft nicht
möglich wegen einer polyvalenten Allergie oder werden vom Patienten mangels Einsicht
nicht eingehalten. Je nach Ausprägung der allergischen Komponente wird zunächst die
Allergie als solche behandelt (vgl. Seite 85 ff.).
Krankengeschichte: Am 17.11. 1986 suchte eine damals 45jährige Patientin, I.P., meine
Praxis auf.
Sie klagte über einen eitrigen Schnupfen seit Wochen, Fieber, Kopfschmerzen über beiden
Augen. Vorausgegangen war eine antibiotische Behandlung. Bei der Untersuchung fand sich
eine ausgeprägte Verbiegung der Nasenscheidewand nach links (Septumdeviation ), es war
kein Eiter erkennbar.
Auf der Schädelaufnahme im okzipito-mentalen Strahlengang fand sich eine völlige
Verschattung der rechten Kieferhöhle. Die Stirnhöhlen waren frei. Zur akuten
Schmerzlinderung injizierte ich Novocain® in die rechte Fossa canina (an die
Kieferhöhle), rezeptierte Kalium bichromicum D4 und Sinupret® und begann mit einer
physikalischen Behandlung. Am 26.11. ging es der Patientin deutlich besser. Am 5.12. 1986
wurde sie notfallmäßig vom Hausarzt erneut geschickt, da die Kopfschmerzen nicht mehr
auszuhalten seien. Ich machte notfallmäßig eine Endoskopie der rechten Kieferhöhle. Es
fand sich damals schwärzlich verdickte Schleimhaut mit weißem Eiter, zum Teil übel
riechend.
Zum Ausschluß einer tumorösen Erkrankung oder einer Tuberkulose führte ich eine Probe
Biopsie durch. Es handelte sich histologisch um eine schwere unspezifische Entzündung.
Mittels konventioneller Röntgentomographie wurde eine Entzündung anderer Nebenhöhlen
ausgeschlossen. Ich behandelte weiterhin mit Kalium bichromicum D4 und Sinupret®, worauf
sich eine gewisse Besserung einstellte. Sie kam dann wieder am 2.2. 1987. Sie klagte über
gelegentliche Kopfschmerzen rechts, die aber auszuhalten seien. Gleichzeitig berichtete
sie von einem Magengeschwür, welches nicht abheilen wollte, was sicher mit der laufenden
Scheidung zusammenhänge. Ich rezeptierte zur Weiterbehandlung den Sinusitis - Cocktail
(Kalium bichromicum D12, Luffa D12, Allium cepa D4, Sulfur jodatum D6, aa ad, 80,0 D.S.
3x5 Tropfen täglich vor dem Essen). Ich bestellte die Patientin wieder ein, sie kam aber
erst wieder am 3.11. 88. Sie klagte über mäßige Oberkieferschmerzen rechts, die die
ganze Zeit bestanden hätten. Sie war in Kur, dort wurde wieder röntgenologisch eine
Sinusitis maxillaris rechts festgestellt, und sie wurde angewiesen, sich bei mir wieder
vorzustellen.
Diesmal wurde mir die homöopathische Mittelfindung sehr erleichtert. Sie brachte einen
Brief vom Kurarzt mit, auf dem' knapp einig~ Diagnosen aufgeführt wurden, die natürlich
alle nichts miteinander zu tun hätten: 1. Magengeschwür, 2. chronische
Kieferhöhlenentzündung rechts, 3. Neurose (Platzangst und Höhenangst). Ich schaute mir
daraufhin die Patientin genauer an, die ja in meine Praxis immer nur mehr oder weniger
unfreiwillig kam.
Die jetzt 48jährige Patientin hat dunkle Augen, braunes, langes Haar.
Sie ist weder adipös noch untergewichtig.
Die Haltung ist relativ schlaff. Sie ist unruhig und nervös. Das Vertrauen in die Medizin
hat sie wohl etwas verloren, da ihr doch kein Arzt richtig helfen könne. Über
Schwindelbeschwerden klagt sie nicht. Sie mag zwar gern Süßes, verträgt es aber vom
Magen her nicht. Sie habe eine panische Angst in einer Menschenmenge. Dies führt dazu,
daß sie sich insgesamt von Gesellschaft zurückzieht. Die drei »unabhängigen«
Erkrankungen passen alle zu Argentum nitricum. Sie erhält Argentum nitricum D12, 2x
tägl. 1 Tbl.
Diesmal geht alles recht rasch. Bereits am 10.11. berichtet sie, daß die Magenbeschwerden
wesentlich besser seien, ebenso die Kopfschmerzen.
Am 17.11. läßt sich sonographisch keine Sinusitis mehr nachweisen. Sie hat keinerlei
Kopf- und Magenschmerzen mehr, auch psychisch gehe es deutlich bergauf. Sie war seitdem
nicht mehr in meiner Behandlung, ich habe aber erfahren, daß es ihr weiterhin gut geht.
Rhinosinusitis polyposa Es handelt sich hierbei um einen Sonderfall der chronischen
Sinusitis mit Polypenbildung, wobei die Polypen
hauptsächlich im Siebbeinbereich über den mittleren Nasengang in die Nase wachsen.
Praktisch immer besteht gleichzeitig auch noch eine chronische Kieferhöhlenentzündung,
häufig auch noch eine chronische Keilbeinentzündung. Häufig gelingt die Zurückbildung
der Nasenpolypen mit Teucrium marum D12 (2x 1 Tbl. tgl. vor dem Essen).
Sehr gut ist die Lokalbehandlung mit einer Nasensalbe (Teucrium marum D1 10 ml, Eucerini
anhydr. ad 50,0 m. f.
ungt. Nasensalbe ), manchmal müssen zusätzlich in örtlicher Betäubung Polypen entfernt
werden. Inhalationen mit Kamille und Emser Salz drängen die Polypen oft zurück.
Selbstverständlich muß auch hier eine Allergie bzw.
Amalgamintoxikation ausgeschlossen oder behandelt werden. Streng abzuraten ist von allen
Formen der Nasennebenhöhlenchirurgie, da nur unnötig Narben gesetzt werden und die
Ursache der Sinusitis nicht behandelt wird.
Krankengeschichte: Ein heute 52jähriger Mann, G.F., kam erstmals am 13.3.1990 in meine
Praxis. Er wurde 1982 erstmals polypektomiert, seit 1988 sei das Geruchsvermögen deutlich
eingeschränkt, seit Anfang 1989 rieche er überhaupt nichts mehr. Im Oktober 1989 wurden
die Kieferhöhlen beidseits operiert, was für 4 Wochen eine Besserung aller Beschwerden
brachte, dann kam es wieder ganz plötzlich zu einem völligen Verlust des
Geruchsvermögens, außerdem war die Nasenluftpassage wieder stark eingeschränkt.
Auffallenderweise war vor den Operationen kein Allergietest durchgeführt worden. Es wurde
dann bei mir im AIlergietest eine Reaktion auf Rind, Haselnuss und Milben festgestellt. Es
fanden sich bei der Untersuchung beidseits vernarbte, atrophische, zystische
Kieferhöhlen, außerdem Polypen im mittleren Nasengang rechts, der linke mittlere
Nasengang war völlig zugescbwollen. Ich begann eine Behandlung mit Okoubaka D3 (3 x 10
Tropfen tgl.) wegen der Nahrungsmittelallergie und da allopathische Medikamente
vorangegangen waren. Am 17.4.1990, berichtete der Patient bereits von einer geringen
Besserung, er rieche manchmal kurz etwas. Er c erhielt eine Gabe Medorrhinum D200 und r
Kalium arsenicosum D 12 (2 x 1 Tb I. tgl.).
Am 22. Mai war der Geruchssinn wesentlich besser, die Polypen waren deutlich kleiner.
Die Symptome besserten sich allmählich, der Patient klagte aber über eine Verschleimung
im Nasenrachenbereich. Am 22.
Mai erhielt der Patient einmalig Natrium muriaticum D200 und China D4. Die Gabe von
Natrium muriaticum D200 wurde am 9. Juli wiederholt, am 6.·8.~ar der Patient praktisch
völlig beschwerdefrei. Es fanden sich endonasal nur noch sehr kleine Polypen, das
Geruchsvermögen hatte sich völlig normalisiert. Am 15.10.1990 kam es zu einem deutlichen
Rückschlag, die Polypen waren wieder etwas größer, der Patient klagte wieder über eine
Geruchsstörung.
Die Gabe von Natrium muriaticum D200 wurde nochmals wiederholt, außerdem erhielt der
Patient Luffa D6. Am 6.11. 1990 und 11.12.1990 sagt der Patient, es sei »bemerkenswert
besser«, er könne normal riechen und bekomme gut Luft durch die Nase. Die Behandlung
wurde am 28.6.1991 abgeschlossen. Der Patient ist beschwerdefrei, keine Nasenpolypen zu
erkennen, Kieferhöhle sonographisch unauffällig, Geruchsvermögen normal.
|